Hermann Fischer

Stoff-Wechsel

Auf dem Weg zu einer solaren Chemie für das 21. Jahrhundert

Plädoyer für eine solare Chemie

Wer glaubt nicht allzu gerne den Versprechungen der Chemieindustrie, dass alles ganz leicht geht mit ihren Produkten, alles ganz sauber wird und weißer als weiß und wie diese wunderbaren Werbesprüche alle lauten. Nur, die Kehrseite ist den meisten Konsumenten nicht bewusst. So schrieb unlängst die ZEIT ganz richtig, dass die Folgen der „Chemie-kann-alles-Politik“: „... Giftbrühen im Abwasser (waren – und sind, Anm. des Verf.), krebskranke Fabrikarbeiter, der Bankrott der historischen Naturfarbenbranche und gleichzeitig der unaufhaltsame Aufstieg der Großchemie zu einer der wichtigsten und politisch einflussreichsten Branchen. Chemiker entdeck(t)en neue Synthesemethoden und erober(t)en sich einen Produktbereich nach dem anderen, Farben, Medikamente, Kunststoffe, Kleidung, Möbel, Spielzeug...“

Doch keiner sollte mehr sagen, er habe es nicht gewusst, das Öl geht zur Neige, der Klimawandel kündigt sich immer deutlicher an und Lebensmittelskandale erschüttern unser Vertrauen in die Industrie – und die Politik!

Dies wenigstens für die Chemie zu ändern, schickt sich der Autor schon seit den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts an; sein Plädoyer für eine sanfte, naturnahe Chemie liest sich spannend und ist hochinformativ, auch für Nicht-Chemiker.

Hermann Fischer ist in Braunschweig wahrhaftig kein Unbekannter – so man denn bereit ist, bei der Wohnungsrenovierung, beim Waschen und Spülen und überall dort, wo heutzutage gedankenlos Chemie eingesetzt wird, einmal innezuhalten und das eigene Tun zu hinterfragen. Wer über Alternativen nachdenkt, gerät ganz schnell an die in Braunschweig ansässige Firma Auro Naturfarben, deren Gründer der Autor ist. Sein Kampf für eine andere Chemie, die, wie er es nennt, solare Chemie, wurde inzwischen mit zahlreichen Preisen belohnt.

Der Titel des vorliegenden Buches –  „Stoffwechsel“ – bezieht sich nicht nur auf die in der Chemie eingesetzten Stoffe, sondern macht in einem schönen Wortspiel klar, das chemische Wandlungsprozesse die Basis allen Lebens sind.

Es wird, so der Autor zu Recht, der auf Erdöl aufbauenden sog. harten Chemie, die noch unangefochten vorherrscht und deren Produkte in fast jedem Alltagsgut zu finden sind ebenso wie den dabei entstehenden allgegenwärtigen Giftstoffen (mit zum Teil schlimmen Folgen für Mensch, Natur und Umwelt) höchste Zeit, dieser Chemie eine „Chemiewende“ entgegenzusetzen.

Der von Fischer geforderte „Stoff-Wechsel“ hin zu erneuerbaren Rohstoffen ist mehr als nötig. Kleine Andeutungen eines Weges in Richtung sanfte Chemie sind allerdings schon erkennbar, es gibt kompostierbare Plaste, Naturfarben, Duftstoffe, Kleber und vieles mehr, leider bislang noch in einem Nischendasein.

So wirbt der Verlag nur allzu richtig: „Hermann Fischer zieht in diesem Buch auch Chemie-Laien und -Verächter in seinen Bann. Ausgehend von der »konkreten Chemie« des Stoffwechsels in uns macht Fischer die Magie der Stoffe und Substanzen erfahrbar, die unsere dingliche Umwelt prägen … Die solare Chemie erlaubt, so der Autor, viele Alltagsprodukte relativ abfallarm, störfallsicher und energiesparend herzustellen. Er selbst ist optimistisch, dass die Zukunft dieser Form der Chemie gehört ... Sein Buch ist jedenfalls ein beeindruckendes Plädoyer für eine Chemiewende.“

Dem ist nichts hinzuzufügen, bis auf Erfahrungen, die der durchaus fachkundige Autor dieser Zeilen auch im Jahre sechs nach REACH noch machen musste: Es gibt, leider, immer noch Chemieunternehmen, die statt umfassender Stoffinformationen nur blumige Beschreibungen ihrer Produkte aus „harter Chemie“ anbieten und diese auch noch als „natürlich“ bezeichnen ...

Reinhard Siekmann

Überblick

Hermann Fischer:

Stoff-Wechsel

304 Seiten, Gebundene Ausgabe

Kunstmann: München 2012

978-3-88897-784-8, 19,95 €