T.C. Boyle

Wenn das Schlachten
vorbei ist

Roman - übersetzt von Dirk van Gunsteren

Wer Gott spielt

Ist es richtig, der Natur ihren Lauf zu lassen, oder ist es sinnvoll, zu versuchen, den durch Menschen angerichteten Schaden an der Umwelt wiedergutzumachen?

Das ist das Kernthema in T. C. Boyles Roman „Wenn das Schlachten vorbei ist“. Hat der Mensch das Recht, sich wie Gott aufzuführen und eine Tierart auszurotten, um eine andere zu retten?

Ratten, die sich nach einem Schiffsuntergang auf eine Insel gerettet haben, dezimieren die ursprüngliche Tierwelt dort dermaßen, dass einige Arten vor dem Aussterben stehen. Eine Biologin der staatlichen Naturschutzbehörde beschließt darum, die Ratten mit einer einmaligen, endgültigen Giftaktion auf der Insel auszurotten. So soll der ursprünglichen Zustand wieder hergestellt werden und das einstige Vogelparadies wieder entstehen. Das treibt extreme Tierschützer auf die Barrikaden. Für sie sind alle Tiere lebenswert, und wer nicht töten will, muss auch Ratten leben lassen und nicht die Tiere in „bessere und schlechtere“ einteilen. Außerdem glauben sie nicht an einen solchen ursprünglichen Zustand. Wer vom Ursprung rede, könne auch gleich die Dinosaurier wiederaufleben lassen.

Das führt zu einem bizarren Krieg zwischen beiden Parteien, der tragisch endet, weil sie nicht damit gerechnet haben, dass die Natur unberechen- und unbeherrschbar bleibt. Der Autor bietet keine Lösung an. Der Leser muss selbst entscheiden, ob es besser ist „regelnd“ einzugreifen oder der Natur ihren Lauf zu lassen.

Das Thema ist höchst aktuell. Gerade auf Inseln steht die dortige Tierwelt den fremden Eindringlingen hilflos gegenüber. Von den in den letzten hundert Jahren ausgestorbenen Tierarten lebten neunzig Prozent auf Inseln. In Hunderten von Jahren hatte sich ein Gleichgewicht eingependelt. Als der Mensch dann dort siedelte und die mitgebrachten oder ausgesetzten Ratten, Hunde, Katzen, Schweine und Ziegen verwilderten, wurde die endemische Tier- und Pflanzenwelt vernichtet. Seit Jahren laufen z. B. auf den Galapagosinseln verschiedene Vernichtungsaktionen gegen die eingeschleppten Tiere, um Riesenschildkröten, Landleguane und Meeresechsen zu retten. Im Moment wird auf den antarktischen Inseln von Südgeorgien versucht, die Ratten auszurotten, die alle brütenden Vögel vernichten, selbst Albatrosse sind vor ihnen nicht sicher. Und auch auf Neuseeland und den vorgelagerten Inseln laufen Projekte, um eingeschleppte Tierarten auszurotten.

Heidrun Oberg

Überblick

T.C. Boyle:

Wenn das Schlachten vorbei ist

464 Seiten, Fester Einband, Mit Lesebändchen, November 2013 auch als Taschenbuch

Hanser Verlag: München 2012

978-3-446-23734-6, 22,90 €