Reiner Klingholz

Sklaven des Wachstums

die Geschichte einer Befreiung

Die Hoffnung auf den weichen Fall

Bus heute haben die Optimisten immer Recht behalten. Ob Herman Kahn, der gegen die „grenzen des Wachstums“ wetterte und dessen Prognosen der immer neu entdeckten Öl- und Gasquellen und des weitergehenden Wachstums bis heute eintrafen, oder manch andere, die das von modernen Ökologen beschworene „Peak everything“ bezweifeln und dem Kapitalismus genug Dynamik zuhalten, auch die derzeitige schwere Krise zu überwinden: Bisher können sie sich zurücklehnen und darauf berufen, dass (fast) nichts von dem, was an Krisenszenarien in den letzten 50 Jahren beschworen wurde, auch wirklich eingetreten ist. Im Gegenteil: Das Ozonloch schließt sich allmählich!

Ist also Optimismus angebracht? Durchaus, findet der Demograf Reiner Klingholz in seinem Buch „Sklaven des Wachstums“. Allerdings stellt er keines der bekannten Krisen- und Katastrophenszenarien in Frage. Im Gegenteil. Doch Klingholz glaubt, dass sich die Menschheit erfolgreich an die Folgen des Klimawandels anpassen kann – das gelang ihr schließlich in ihrer bisherigen Geschichte immer – und dass es im 23. Jahrhundert eine zwar zahlenmäßig kleinere, aber sozial gleichere und demokratische Menschheit leben wird.

Klingholz stellt seine Utopie einer langwierigen – und mitunter durchaus langweiligen – Darstellung des Bevölkerungswachstums und der Probleme des demographischen Wandels voran. Er zeigt zunächst auf, dass das Beschwören einer Katastrophe dieselbe nicht verhindern (kann), führt vor, wie der sich rasch vollziehende demographische Wandel gerade in Ländern wie China zu einer ökonomischen Krise führen (muss) und hofft auf die Pionierrolle der Deutschen. Das Manuskript wurde abgeschlossen, bevor Sigmar Gabriel die Energiewende auszubremsen versuchte.

Das Buch ist durchaus interessant zu lesen, aber Klingholz wiederholt sich reichlich oft und immer dann, wenn es um konkrete Szenarien für den Übergang zu seiner Postwachstumswelt geht, werden seine Ausführungen vage und ungenau. Am Ende fühlt man sich ein bisschen verschaukelt, denn Klingholz Buch ist zwar eine sehr genaue Darstellung der Bevölkerungsentwicklung der letzten Jahrhunderte, doch die Rollen von Kolonialismus, Rassismus (die einfache Frage, wie die nativen Grönländer reagieren, wenn ihr Land zum Paradies Besserverdienender Einwanderer aus aller Welt werden soll, nachdem das Eis geschmolzen ist, streift er mit keinem Wort) und sozialer Ungleichheit werden zu wenig beleuchtet. Schade.

Stefan Vockrodt

Überblick

Reiner Klingholz:

Sklaven des Wachstums

348 Seiten, gebunden, inklusive E-Book

Campus Verlag: Frankfurt/M 2014

ISBN: 3593397986, 24,99 €