Kirsten Diekamp, Werner Koch

Eco-Fashion

Top-Labels entdecken die Grüne Mode

Wie ökologisch ist „Ökokleidung“?

Obwohl schon 2010 im Stiebner Verlag erschienen, dürfte das Buch nach wie vor topaktuell sein. Das mag daran liegen, dass die Verfasser Kirsten Diekamp und Werner Koch das Thema Grüne Mode in seiner ganzen Bandbreite abhandeln und dennoch ein geradezu mit Spannung lesbares Handbuch zum Thema vorlegen.

Eine gründliche Recherche springt ins Auge. Die vielfältigen Aspekte vom Stellenwert der Natur- und Chemiefasern, dem technischen Stand der Garnherstellung aus nachwachsenden Rohstoffen, den ökologischen Belastungen der Ökosysteme in der Fertigungskette vom Rohstoff bis zum Endprodukt, der  Ausbeutung, insbesondere von Frauen und Kindern, unter den Produktionsbedingungen außerhalb Europas, sind sachkompetent dargestellt. Fakten und Zahlen können einfach überprüft und aktualisiert werden.

Zu Beginn analysiert ein zeitgeschichtlicher Rückblick die verschiedenen  Entwicklungsphasen der „Öko-Mode“ vom sogenannten „Müsli-Look“ der 1970/80er Jahre bis zum heutigen High-Fashion-Stil namhafter Modehäuser und Designer. Es scheint paradox, dass ihre Wurzeln ausgerechnet in der radikalen Ablehnung von Mode überhaupt und den darüber transportierten weiblichen Rollenklischees sowie in der kritischen Haltung gegenüber Konsum und Gesellschaft zu finden sind.

Ein Blick auf die Stoffe

Nach dem Imagewandel, den die Ökomode durchlaufen hat, nach den inhaltlichen Erweiterungen, die der Begriff erfahren hat, widmet sich das Buch der Baumwolle – beliebteste Naturfaser. Es geht um den konventionellen Anbau, der enorme ökologische Probleme aufwirft, den nur scheinbaren Vorteil von genverändertem Saatgut und der im Vergleich besseren ökologischen Bilanz von Biobaumwolle. Die Bedeutung anderer pflanzlicher und tierischer Naturfasern wird herausgestellt und über Kunstfasern aus nachwachsenden Rohstoffen wie Cellulose, Fasern aus Mais, Milch oder Soja informiert. Weitere Kapitel behandeln „Chemie und Farben“ und „Fair Trade“.

Wer mehr als die dezente Farbskala von Naturfarben begehrt, sollte über den Herstellungsprozess von Farben, die industrielle Färbung von Stoffen und die Gerberei von Leder Bescheid wissen. Der verantwortungslose Umgang mit Chemiefarben und Bleichmitteln vergiftet an vielen Produktionsstandorten der Welt Natur und Menschen. Kontrollen der nachgeordneten Zulieferer in den Entwicklungs- und Schwellenländern durch die europäischen Textilunternehmen werden selten überzeugend durchgeführt. Das Unterlaufen von vereinbarten Standards bleibt deshalb gang und gäbe.

Zum Glück sind Naturtextilfarben inzwischen so weit entwickelt, dass sie wie Chemiefarben eingesetzt werden können. Die Verfasser machen darauf aufmerksam, dass in der Bekleidungsbranche das fehlt, was wir aus dem Nahrungsmittelbereich bereits kennen, nämlich die Deklarierung von Inhaltsstoffen, im Fall von Bekleidung die Deklarierung der chemischen Belastung.

Ein Blick auf die Produktion

Die ökonomischen Produktionsbedingungen wie Verbot von Kinderarbeit, Arbeitszeitenregelung, existenzsichernde Löhne, Arbeitsplatzhygiene interessiert die westliche Textilindustrie kaum. Vorreiter sind Öko-Firmen, die sich auf freiwilliger Basis verpflichten, Sozialstandards einzuhalten. In Deutschland garantiert seit 2007 das Label Fairtrade Certified Cotton einen kontrollierten Handel, der den Erzeugern ein besseres Einkommen ermöglicht und die Einhaltung von Sozialstandards in der Textilverarbeitung garantiert.

Zum Schluss geben die Verfasser einen Überblick über die Vielzahl von Zertifizierungen und die weltweit tätigen Institutionen, „die dafür sorgen, dass ökonomische, ökologische und soziale Bedingungen entlang der textilen Kette eingehalten und transparenter werden.“ Seit 2008 garantiert der Global Organic Textilstandard (GOTS) weltweit diese Ziele. Ein „Kleines Grünes Lexikon“ enthält wichtige Informationen zum Thema „Textilien“.

 „Eco-Fashion“ ist ein sehr spannendes Buch mit Nachschlagecharakter, ein „must have“ für Modeaficionadas, kritische Verbraucher und Personen, die dazu beitragen können, das „grüne Segment“ auf dem Modemarkt voranzubringen.

Susanne Labus

Überblick

Kirsten Diekamp, Werner Koch:

Eco-Fashion

224 Seiten, Klappenbroschur

Stiebner-Verlag: München 2010

978-3-8307-0868-1, 29,90 €