Saatgut
Wer die Saat hat, hat das Sagen
Saatgut – gut, aber wer hat das Sagen?
Um es gleich vorweg zu nehmen: das Buch wirkt nicht nur auf den ersten Blick wirr und zusammengestückelt, und es braucht wirklich Zeit, sich in dem ganzen Wust von Informationen einigermaßen zurecht zu finden. Recht bezeichnend für die allgegenwärtige Pop-up Ästhetik ist eine Grafik auf Seite 90/91, die die Verflechtungen der verschiedenen Saatgutriesen darstellen soll, aber letztendlich nichts erklärt, sondern nur winzigste Namensschildchen irgendwie mit Monsanto, Syngenta und Konsorten in Verbindung bringt.
Nachdem ich die ersten 30 Seiten gelesen hatte, gab ich entnervt auf, und beschloss, nur noch zu blättern, und mir ein paar gestreute Kästchen, ein paar Interviews und einzelne Absätze etwas genauer anzugucken. Und siehe da, plötzlich ergab sich eine Art buntes Mosaik an Informationen, die durchaus etwas miteinander zu tun hatten, und die ich mir jetzt selbst nach Lust und Laune zusammenbasteln konnte. Eine Art Laptop, mit wechselnden Oberflächen und neuen Tabs in jeder Ecke, aber eben in Buchform.
Und wenn man sich erst mal daran gewöhnt hat, liest man die einzelnen Häppchen mit Spannung, entdeckt einzelne Perlen, und erfährt viel Wichtiges und Bemerkenswertes. Aber wenn dann auf Seite 246 die Überschrift „Ein Plädoyer für mehr Chaos“ lautet, vermutet man plötzlich, das das Ganze tatsächlich Methode hat.
Die ganzen Informationen,Vorschläge, Anregungen, Kontaktadressen...ein Füllhorn, so bunt wie die Bohnenvielfalt. Das Buch kann man sehr oft, und immer wieder zu Hand nehmen, um sich inspirieren zu lassen, oder einfach zu bewundern, was und wen es alles gibt.
Nur wer das Sagen hat, ist mir nicht klar geworden. Und vielleicht ist das die Kernaussage des Buches. Niemand soll das Sagen haben und jeder hat eine Stimme. Das Buch ist die reine Anarchie, und auch ein Plädoyer dafür. Man könnte sich damit anfreunden, zumindest wenn es ums Saatgut geht.
Alisier
Überblick
Anja Banzhaf:
Saatgut
272 Seiten, Kartoniert, erhältlich als e-Book
oekom verlag: München 2016
ISBN-13: 978-3-86581-781-5, 19.95 €