Ottmar Edenhofer, Michael Jakob

Klimapolitik

Ziele, Konflikte, Lösungen

Kompakt und gehaltvoll

Ein kleines Buch im Format A5 mit nur gut 120 Seiten zu besprechen, kann ja nicht so schlimm sein, dachte ich. Weit gefehlt, die Autoren Prof. Dr. Ottmar Edelhofer und Dr. Michael Jakob schaffen es, mit leicht verständlicher Darstellung, aber hochfundierten Inhalten, auf jeder Seite eine wichtige Aussage zu formulieren; kein Wunder, sind beide doch bekannte Wissenschaftler im Bereich der Klimaforschung.

Wer sich also, auch ohne technisch-naturwissenschaftliche Ausbildung ein Bild machen will über Stand, Widerstände, notwendige Lösungen einer erfolgreichen Klimapolitik und die Wege dahin, kommt nicht umhin, dieses Büchlein wirklich Seite für Seite zu lesen.

Die Gliederung:

Das Klimaproblem und die Klimapolitik

Die Bestandaufnahme der Klimapolitik

Ziele und Weg der Klimapolitik

Instrumente und Institutionen der Klimapolitik

Die Rolle der Wissenschaft in der Klimapolitik

führt nachvollziehbar und logisch durch die Problematik.

Die Texte und Thesen weisen an manchen Stellen Bekanntes, an anderer aber überraschend Neues aus, hochinformativ sind die Graphiken, abrufbar unter https://www.mcc-berlin.net/forschung/buch-klima-politik.html.

Bitter die Erkenntnis, dass wenn alle, also die Menschheit, für die Einhaltung des 2°C-Ziels zuständig sind/ist, dann ändert keiner etwas – und wenn es an lieb gewonnene Gewohnheiten geht, wie dem Autofahren, dann erst recht nicht.

Allen sollte klar sein, dass eine weiter fortschreitende Klimaänderung dazu führen wird, so die Autoren, dass ganze Landstriche nicht mehr bewohnbar werden. Wer also verhindern will, dass Millionen von Menschen ihre Lebensgrundlagen verlieren und sich zwangsweise auf den Weg machen in noch bewohnbare Gegenden, der muss zwingend eine rigorose, erfolgreiche Klimapolitik betreiben, eine erfolgreiche Klimapolitik muss den CO2-Ausstoß verteuern/besteuern, so die Erkenntnis der Autoren. Dies führt allerdings zu sozialen Ungerechtigkeiten, die mit den Einnahmen abgefedert werden müssten. Ob dies unseren Handelnden klar ist, kann jeder selbst beantworten.

Düsteres Szenario

Am beeindruckendsten ist allerdings der letzte Teil dieses kleinen Buches (ab S. 105); dort wird unter Bezug auf die Wissenschaftshistoriker Oreskes und Conway ein fiktiver Rückblick aus der Zukunft gewagt, etwa dem Jahr 2390: Die globale Mitteltemperatur ist um 5°C gestiegen, das Eis der Polregionen geschmolzen, Dürren in Afrika machen das Leben zur Hölle, weite Teile Australiens und Süd-Amerikas sind unbewohnbar, die Menschen fliehen in die Nordregionen und kämpfen um Land und Wohnraum, der Rest des Planeten ist unbewohnbar.

Wie konnte es soweit kommen? Die Menschen wussten doch, wie kaum eine andere Generation vorher, um die Gründe des drohenden Untergangs und haben dennoch versagt. Warum?

Erklärungsversuch: Das Dilemma zwischen Wissenschaft und Politik. Wissenschaftler stützen sich häufig auf empirische Erkenntnisse und kommen zum Schluß, daß etwas mit 95%iger Wahrscheinlichkeit eintritt; die Politik hingegen verlangt 100%, die es nicht gibt - und tut nichts. Mit diesem Nichtstun konnten Eingriffe in die freien Märkte verhindert werden, weil das als Angriff auf individuelle Freiheitsrechte verstanden worden wäre. Widerstand gegen eine ambitionierte Klimapolitik ist vor allem durch wirtschaftliche Interessen bestimmt, hier legen sich Demokratien selbst lahm! Aber sind Autokratien „besser“? Aber lesen Sie selbst in diesem Buch.

Zum Schluss noch eine persönliche Bemerkung: Wer in den letzten Monaten die Regierungsbildung beobachtet hat und nach welchen Kriterien Schlüsselministerien besetzt wurden, der hat eine Ahnung davon bekommen, daß die längst vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse keine Chance haben, Eingang zu finden in eine zukunftsfähige Politik, sei es aus Dummheit, Unverständnis oder einfach schlichter Überforderung der uns Regierunden.

Mit einer Ausnahme: Die promovierte Physikerin an der Spitze dieses Staates sollte die Dinge begreifen und verstehen, dennoch nicht zu handeln ist mehr als fahrlässig!

Reinhard Siekmann

Überblick

Ottmar Edenhofer, Michael Jakob:

Klimapolitik

128 Seiten, Broschiert, 14 Abbildungen und 2 Tabellen

C.H.Beck: München 2017

ISBN 978-3-406-68874-4, 9,95 €