Umweltzentrum Braunschweig

Reinhard Witt, Katrin Kaltofen

Klimawandel - Fluch oder Chance?

Erfahrungen und Lösungen aus naturgärtnerischer Praxis

Reinhard Witt, Biologe, Grünplaner und vielfacher Buchautor, ist seit Jahrzehnten ein Verfechter der naturnahen Garten- und Landschaftsgestaltung mit vorwiegend heimischen Wildpflanzen – bereits zu jenen Zeiten, als Diversität und Insektenschwund noch Fremdworte waren. So kann man neugierig sein, was der erfahrene Praktiker und seine Mitautorin zu diesem „heißen“ Thema schreiben.

Schon das Umschlagbild zeigt, wohin die Reise geht: immergrüne Heidelbeersträucher, hart im Nehmen, vertrocknen im Sommer 2018, treiben aber bereits im August in frischestem Grün wieder aus. Dieser Vorgang illustriert die Kernaussage des Buches: Klimawandel ist für die Evolution und die Pflanzen ein alter Hut. Heimische Pflanzen verfügen über Strategien zur Bewältigung von langzeitbekannten Wetterphänomenen.

Mehrjährige heimische Gehölze geraten schneller an ihr Limit. Einzelne Arten werden sich in passendere Landstriche zurückziehen müssen, andere Arten aus Südeuropa können wieder einwandern und bringen auch etwas für die Insektenwelt, im Gegensatz zu den meisten der Pflanzen aus ferneren Welten und den Zuchtformen.

Eine Vernetzung von naturnahen Pflanzungen erhöht ihre Resilienz durch Migration. Vorgestellt werden unter anderem Pflanzengemeinschaften, die trockenheiße Perioden gut überstehen. Den auf den Trend aufspringenden Saatgutanbietern von pseudo-insektenfreundlichen Mischungen wird deutliche Meinung angesagt. Interessant ist die Pflanzentabelle für die Erweiterung unseres Artenspektrums für morgen. Sie ist auf Süd- und Südosteuropa orientiert.

Überzeugend finde ich, dass die Erkenntnisse und Empfehlungen des Buches vorwiegend aus der Praxis gewonnen wurden. Dazu verhelfen die geschilderten positiv und negativ verlaufenden Beispiele, die mit vielen Fotos und Erklärungen versehen sind.

Es geht um ein Herantasten und Beobachten der neuen Situation und um Vertrauen in die Überlebenskräfte der heimischen Wildpflanzen. Ein schneller, einfacher Erkenntnisgewinn darf nicht erwartet werden. Im Gegenteil: Man muss sich etwas mühselig durcharbeiten, um die vielen Pflanzsituationen mit unterschiedlichen Resultaten nachzuvollziehen.

Das Buch wendet sich an Entscheidungsträger im öffentlichen Raum, Planer, Garten- und Landschaftsbauer und nicht zuletzt an Privatgärtner*innen. Wollen diese die zukünftigen naturgestalterischen Herausforderungen verstehen lernen, um die richtigen Entscheidungen zu treffen, dann lohnt sich die Lektüre.

Susanne Goroll