Stadtfauna
600 Tierarten unserer Städte
Tierische Zuwanderung
Nicht nur Menschen zieht es vermehrt in die Städte. Der einst scheue Waldvogel Amsel entdeckte schon im 19. Jahrhundert, dass sich auch in Städten gut leben lässt. Begonnen hat die Stadtbesiedlung mit felsbewohnenden Vögeln, die Gebäude als Ersatzfelsen nutzen: Turm- und Wanderfalken, Dohlen, Mauersegler, Steinkäuze und Felsentauben, von denen die Stadttauben abstammen.
In den letzten Jahrzehnten wurden die Städte für immer mehr Tiere attraktiv, weil sie von den fressbaren Abfällen der Menschen und vom warmen Stadtklima profitieren. Stadtfüchse räumen die Abfallbehälter leer und Wildschweine verwüsten im Randbereich Vorgärten. Die ursprünglich felsbewohnenden Steinmarder störten früher nur durch Gepolter auf den Dachböden. Seit Ende der 1970er Jahre zerbeißen sie jedoch aus Plastik oder Gummi bestehende Teile von Autos. Auch viele Neueinwanderer (Neozoen) fühlen sich in Städten wohl und breiten sich zum Teil unkontrolliert aus. Manche sind unbeabsichtigt eingeschleppt worden, andere aber auch bewusst ausgesetzt worden, mit Folgen, die noch nicht absehbar sind.
Die drei Herausgeber des Buches „Stadtfauna“ beschreiben mit Hilfe von mehr als zwei Dutzend Spezialisten 600 Tierarten, die in den Städten des deutschsprachigen Raumes nördlich der Alpen vorkommen. Da auch Gewässer eine wichtige Rolle spielen, werden zahlreiche Süßwasserarten gezeigt, nicht nur Fische und Wasservögel, sondern auch Kleinlebewesen wie Süßwasserpolypen, Strudelwürmer, Egel, Wasserschnecken und -muscheln, Krebse, Wasserinsekten und Lurche. Attraktive und mehr oder weniger leicht zu beobachtende Arten wie Schmetterlinge, Eidechsen, Vögel und Säugetiere werden ausführlich behandelt. Jedes Tier ist mit ausgezeichneten Farbfotos abgebildet, der Text informiert über Aussehen, Verbreitung, Nahrung, Verhalten. Die Autoren beschreiben auch Filz- und Kopfläuse, Hausstaub- und Haarbalgmilben der Menschen.
Ein lehrreiches Buch, nicht nur zum Nachschlagen, sondern mit vielen neuen und erstaunlichen Informationen. Man erfährt zum Beispiel, dass Biber seit einigen Jahren entlang von Fließgewässern weit ins Stadtgebiet vordringen. In München in der Isar beim Deutschen Museum, in Berlin vereinzelt bis zum Bundeskanzleramt.
Heidrun Oberg
Überblick
Ineichen, Stefan, Ruckstuhl, Max, Klausnitzer, Bernhard (Hrsg.):
Stadtfauna
436 Seiten, kartoniert, ca. 600 Fotos
Haupt Verlag: Bern 2012
978-3-258-07723-9, 29,90 €